Drei Fragen an Prof. Stefan Oppermann
1. Herr Prof. Oppermann, Sie sind stellvertretender Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Hansestadt Rostock und Ärztlicher Leiter Notarztstandort 3 und waren während der Hochphase der Coronakrise in Rostock im Einsatz - und sind es immer noch. Was war in dieser Krisenzeit bisher Ihr eindrücklichstes Erlebnis?Das eindrücklichste Erlebnis war für mich, wie das System der Gefahrenabwehr mit den daran beteiligten Organisationen in der akuten Lage unter Last kam, auf allen Ebenen zusammengearbeitet und letztendlich geplante Maßnahmen umgesetzt wurden. Andererseits konnten auch Ängste und Fragen der Bevölkerung sehr intensiv wahrgenommen werden, auf die nicht immer sofort reagiert werden konnte.
2. Sie haben eine jahrzehntelange Erfahrung als Leitender Oberarzt der Notfallmedizin, als Ärztliche Leitung im Rettungsdienst und als Facharzt für Anästhesie im Bereich Rettungsmedizin, kurzum: Sie kommen also mitten aus der Praxis. Ist Ihrer Meinung nach Deutschland medizinisch gut durch die Krise gekommen?
Wir haben die Krise leider noch nicht überwunden. Das ist eine nachvollziehbare Wunschvorstellung vieler Menschen. Derzeit ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung in Deutschland aber gesichert. Das war schließlich auch das Ziel der einschneidenden Maßnahmen. Aber das Virus ist noch nicht aus der Welt, wir haben noch keinen Impfstoff und die Folgen unseres Handelns sind noch gar nicht absehbar.
3. Nun ist auch bei der Corona-Pandemie wieder deutlich geworden, dass wir kein nationales „Krisenzentrum“ haben, und die Verantwortung für Krisenfälle bei den Ländern und Kommunen liegen. Hat sich Ihrer Meinung nach der „Krisenföderalismus“ bewährt oder wird doch endlich ein ständiger nationale Krisenstab notwendig. Auch - aber nicht nur - für das Beschaffungswesen?
Das föderale System funktioniert doch ganz gut. Schließlich haben wir auch eine gemeinsame Strategie, nur die Taktik ist unter Umständen regional unterschiedlich. Der Bund unterstützt koordinierend das System und kann es z.B. bei der zentralen Beschaffung sinnvoll ergänzen. Im Übrigen hat der Bund Krisenzentren, die eben diese Aufgaben wahrnehmen.