Interview mit Luigi Morello, Präsident des Istituto Espresso Italiano

F: Wie und warum entstand das Istituto Nazionale Espresso Italiano?

Das Istituto Nazionale Espresso Italiano wurde 1998 auf Initiative von Luigi Odello und einer Gruppe von Managern und Unternehmern gegründet.

Es wurde mit dem Ziel gegründet, den italienischen Espresso, Erbe der italienischen Kultur und Symbol des Made in Italy, weltweit bekannt zu machen, zu schützen und zu fördern. In den letzten Jahren haben sich die Hüter des italienischen Espressokaffees zu einem Netzwerk qualifizierter Akteure entwickelt, die die Tradition und die Qualität des Espressokaffees in der ganzen Welt fördern.

F: Können Sie uns bitte das Institut näher vorstellen? Was genau macht es?

Das Italienische Espresso-Institut (IEI) gehören Kaffeeröster, Hersteller von Kaffeemaschinen und -mühlen sowie andere Unternehmen der Lieferkette an. Sie schützen und fördern die Kultur des hochwertigen italienischen Espresso aber auch des Cappuccino. Heute, nach 26 Jahren, widmet das Institut auch der wissenschaftlichen Ausbildung und der Zertifizierung ihre Mitglieder. Das IEI zählt heute 37 Mitgliedsunternehmen mit einem Gesamtumsatz von über 700 Millionen Euro.

F: Wie viele Unternehmen in Italien sind IEI-zertifiziert?

Unsere Zertifizierung ist die einzige in der Branche, die sich auch an den Endverbraucher richtet. Wir zertifizieren und kontrollieren jährlich nicht nur die Produktionsprozesse aller Mitgliedsunternehmen, sondern auch deren Produkte. Die IEI-Espresso-Mischungen untersuchen und zertifizieren wir mit einer sensorischen Analyse, die IEI-Premium-Produkte mit einer chemischen Analyse und die IEI-Premium-Geräte auf der Grundlage einer sehr strenger technischer Protokolle. Es gibt 37 zertifizierte Unternehmen, die neben 37 Produktionen auch 64 Mischungen, 80 Geräte (einschließlich Kaffeemaschinen und Kaffeemühlen) und 5 Approved-Produkte umfassen.

F: Welche Rolle spielt das Institut im Leben der Italiener?

Von Anfang an hat es eine wichtige Rolle gespielt, weil es zur Entwicklung und Verbreitung der Kaffeekultur und der Ausbildung beigetragen hat, als Ende der 90er Jahre kaum jemand davon sprach. Dank der täglichen Arbeit aller Unternehmen des IEI erreichen wir heute ein Drittel der italienischen Kaffeebars mit mindestens einem Produkt eines unserer Mitglieder, aber wir geben uns damit nicht zufrieden. Unser strategischer Dreijahresplan sieht vor, in vollständig zertifizierte Lokale zu investieren und die Vielfalt und Qualität dieser Lokale den Verbrauchern in Italien und im Ausland bekannt zu machen.

F: Warum soll nach dem Espresso auch der Cappuccino zertifiziert werden? Und was kommt danach?

Eine Zertifizierung ist ein greifbarer Beweis dafür, dass eine Organisation oder ein Produkt bestimmte Kriterien erfüllt und anerkannten Standards entspricht. Sie ist ein Mittel, um Qualität, Zuverlässigkeit auf internationaler Ebene zu demonstrieren.

Bei unserer Zertifizierung geht es nicht nur um das Getränk, die IEI-Zertifizierung ist viel komplexer. Unsere Zertifizierung, LOCALE CERTIFICATO IEI, hat zum Ziel, dem Endverbraucher zu garantieren, dass der Betreiber dieses Cafés auf die Qualität der Prozesse achtet und dass er in Bezug auf den Kaffee folgendes garantiert: einen Kaffeelieferanten mit zertifizierten Qualitätsprozessen, eine zertifizierte Mischung, eine zertifizierte Kaffeemaschine und eine zertifizierte Kaffeemühle, einen Barista, der eine Schulung absolviert und bestanden hat, und somit garantiert, dass das sensorische Profil des Espresso und des Cappuccino innerhalb der vorgegebenen Parameter liegt. Dazu kommt das weltweit am meisten konsumierte Getränk, der Cappuccino oder zumindest ein Milchgetränk auf Kaffeebasis, so dass wir nicht umhin konnten, das Rezept zu identifizieren und zu standardisieren. Nach den Untersuchungen des Italian Espresso Institute besteht ein qualitativ hochwertiger Cappuccino, der die Tradition respektiert, aus 25 ml Espresso und 100 ml aufgeschäumter Milch.


Die Basis des zertifizierten italienischen Cappuccino ist immer ein zertifizierter italienischer Espresso, ein Espresso, der nach den Regeln der Zertifizierung der Marke Espresso Italiano zubereitet wird. Es hat das Produktkonformitätszertifikat CSQA Nr. 214 vom 24. September 1999, DTP 008 Ed. 1, um genau zu sein.

"Eine Tasse mit einem Fassungsvermögen von ca. 25 ml, die eine gleichmäßige, fein strukturierte Crema von haselnuss- bis dunkelbrauner Farbe mit bräunlichen Reflexen aufweist. Das Aroma muss intensiv und reichhaltig sein, mit Noten von Blumen, Früchten, Schokolade und geröstetem Brot. Am Gaumen muss der Espresso vollmundig und samtig sein, mit dem richtigen Maß an Bitterkeit und niemals adstringierend“.

Sensorisch ist der zertifizierte italienische Cappuccino weiß mit einem mehr oder weniger dicken braunen Rand beim klassischen Cappuccino und mit braunen bis haselnussfarbenen Mustern beim dekorierten Cappuccino. Die Crema ist dicht mit sehr feinen Löchern oder ohne Löcher. Der zertifizierte italienische Cappuccino hat ein intensives Aroma, bei dem die subtilen Noten von Blumen und Früchten durch stärkere Noten von Milch, Röstaromen (Getreide, Karamell), Schokolade (Kakao, Vanille) und Trockenfrüchten ergänzt werden. Empyreumatische und negative biochemische Gerüche sind nicht vorhanden. Der Körper ist wichtig und drückt sich durch ein überzeugendes, cremiges und sehr vollmundiges Gefühl aus, das durch eine leichte Bitterkeit und eine ausgewogene, fast nicht wahrnehmbare Säure unterstützt wird. Adstringenz ist praktisch nicht vorhanden.

Wir bieten drei verschiedene Kurse für diejenigen an, die mehr über dieses Thema erfahren möchten:

1. Kurs M1 - Italian Espresso Tasting: Der Kurs ermöglicht es Ihnen, ein Kaffeeverkoster zu werden und zu entdecken, wie man eines der beliebtesten Getränke der Welt bewertet. Der Kurs besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil.

Er dauert acht Stunden und endet mit einer Prüfung für diejenigen, die Verkoster werden und eine Lizenz erhalten möchten.

2. Kurs M2 - Der italienische Espressospezialist: Geboten wird eine historische, anthropologische und technologische Reise zum italienischen Kaffee par excellence: dem Espresso. Eine Reise, die mit der Geschichte des italienischen Espressos beginnt, mit oft unbekannten Details, die viel darüber aussagen, wie Italiener heute an der Bar Kaffee trinken, und die mit einer sensorischen Erzählung der wichtigsten Stile weitergeht, die sich aus dem Studium von Hunderten von Mischungen ergeben haben. Eine Reise, die sich mit technischen Themen wie Wasser, Mahlung und Extraktion in der Espressomaschine fortsetzt: ein unverzichtbares Wissen für jeden italienischen Espressokenner, der die Reflexe in der Tasse verstehen will. Die Erzählung endet mit dem italienischen Cappuccino, dem Symbol der Verbindung von Kaffee und Milch, das heute vor allem außerhalb Italiens großen Erfolg hat.

3. Kurs M3 - Sensorische Psychophysiologie: Ziel dieses Kurses ist es, die Teilnehmer in die sensorische Analyse und ihre Anwendungsbereiche einzuführen, die sich nicht nur auf Kaffee beschränken, sondern auf jedes Produkt oder jede Dienstleistung, die über die Sinnesorgane wahrgenommen wird. Durch die zahlreichen Übungen, die sich mit den theoretischen Vorträgen abwechseln, ist der Kurs sehr interaktiv und soll es den Teilnehmern ermöglichen, die notwendigen Kenntnisse über das Potenzial ihrer Sinnesorgane und die Mechanismen, die zur Interpretation eines Reizes und zur Messung einer Wahrnehmung führen, zu entwickeln.

F: Herr Morello, wo, in welcher Bar trinken Sie Ihren Lieblingsespresso?

Ich habe keinen Lieblingsespresso. Jede Tasse Espresso hat ihre eigene Persönlichkeit und Charakteristik, die ich gerne zu verschiedenen Tageszeiten entdecke und genieße. 2019 hat das IIAC - International Institute of Coffee Tasters unter der Leitung von Prof. Luigi Odello eine anthropologische Studie über Kaffeestile in Italien durchgeführt und fünf sensorische Stile des italienischen Espresso identifiziert, jeder mit einzigartigen Eigenschaften:

1. Alpiner Stil: Dieser Stil wird mit den Bergregionen Norditaliens in Verbindung gebracht. Die Alpenbewohner bevorzugen einen Kaffee mit einer klaren, säuerlichen Frische, das die Noten von Blumen und frischen Früchten hervorhebt. Ein lebendiges und erfrischendes Profil.

2. Padano-Stil: Die Padanesen, deren Breitengrad knapp unter oder über den Alpen liegt, bevorzugen einen stärker gerösteten Kaffee. Zu den Röstaromen gehören Kakao und manchmal eine leichte Säure. Das Profil balanciert die Röstaromen mit einer leichten Bitterkeit aus.

3. Tyrrhenischer Stil: Dieser Stil ist typisch für die zentralen Küstenregionen und zeichnet sich durch ein Renaissance-Profil aus. Noten von getrockneten Früchten und Gebäck dominieren und schaffen ein harmonisches Gleichgewicht.

4. Zentralitalienischer Stil: Die Bewohner der zentralen Regionen Italiens bevorzugen einen Kaffee mit würzigen Noten, die im tyrrhenischen Stil oft fehlen. Der Kakao ist immer noch der Hauptdarsteller, aber mit einem Hauch von Gewürzen.

5. Südlicher Stil: In Süditalien erhält der Kaffee ein robustes und kräftiges Profil. Die Gewürznoten treten in den Vordergrund und der Körper des Kaffees wird kräftiger.

Ich kann jedoch sagen, dass ich gleich nach dem Aufstehen und während des Vormittags den alpinen Stil bevorzuge, der feiner, säuerlicher und blumiger ist, während ich nach dem Mittagessen den tyrrhenischen oder südlichen Stil bevorzuge, der mit seinem Koffein der Verdauung entgegenwirkt. Abends kehre ich gerne zum alpinen Stil zurück, der mich mit weniger Koffein auf die Nachtruhe vorbereitet.

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