Interview mit Dr. Olaf Kaltenborn

F: Sie haben mit dem TT PA der DPRG zehn Thesen zur Kommunikation mit Radikalen und Extremisten erarbeitet. Was war der Anlass?

A: PR-Abteilungen und PR-Verantwortliche von Unternehmen und Organisationen haben bisher meist keine Strategie für den Umgang mit politischem Extremismus wie z.B. der AfD. Häufig wird die Position vertreten, dass Politik und das eigene Unternehmen nur in absoluten Ausnahmefällen Berührungspunkte haben. Dies könnte sich angesichts der jüngsten Entwicklungen und Wahlergebnisse vor allem in Ostdeutschland als Trugschluss erweisen: Immer mehr AfD-Vertreter übernehmen auch institutionelle Entscheidungsmacht, z.B. als Bürgermeister oder Landrat. Wenn für das eigene Unternehmen wichtige Entscheidungen anstehen, z.B. zur Entwicklung des eigenen Standortes, wird man in Zukunft nicht umhin kommen, auch mit AfD-Vertretern in solchen Ämtern direkt verhandeln zu müssen. Dafür braucht man aber eine Strategie. Mit unseren Handreichungen für die PR-Praxis wollen wir dazu eine Hilfestellung geben.

F: Was wollen Sie mit den Thesen erreichen? (es geht mir um den Praxisbezug, um einen Leitfaden für die Praxis)

A: Wir wollen für die Notwendigkeit sensibilisieren, sich so früh wie möglich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und die richtigen Schlüsse für das eigene Unternehmen/die eigene Organisation zu ziehen. Wer einmal in eine solche Situation gerät und nicht entsprechend vorbereitet ist, wird es sehr schwer haben, die eigenen Interessen wirkungsvoll durchzusetzen. Politisch Radikale und Extremisten sind in der Regel nicht an einer lösungs- und diskursorientierten Kommunikation interessiert. Ihr oberstes Ziel ist die Durchsetzung ihrer eigenen Agenda. Diesem Ziel ordnen sie alles andere unter.

F: Welches sind für Sie die beiden wichtigsten Thesen? Und warum?

A: Derzeit wird in Deutschland viel über die "Brandmauer" diskutiert, die vor allem zwischen der CDU und der AfD, aber auch zwischen der AfD und den anderen Parteien bestehen soll. Wir sind der Meinung, dass diese Brandmauer spätestens seit den Wahlen in Ostdeutschland gescheitert ist. Stellen Sie sich vor, in einem Landkreis wird ein Landrat mit AfD-Parteibuch gewählt. Als Unternehmensvertreter, der auf die Entscheidungen der von ihm geleiteten Behörden angewiesen ist, können Sie es sich nicht leisten, nicht mit ihm zu kommunizieren. Vielmehr müssen sie sich für den Fall der Fälle vorbereiten und mit einer klaren Agenda in solche Gespräche gehen. Im Kern geht es darum, wie man trotzdem zu sachorientierten Entscheidungen kommt und verhindert, dass das eigene Unternehmen zum Spielball populistischer Propaganda wird. Dazu ist es vor allem wichtig, sich gut vorzubereiten und nicht blauäugig in solche Gespräche zu gehen.

F: Warum beschäftigt sich ein TT Public AFFAIRS mit der Kommunikation mit Radikalen und Extremisten?

Hier sehen wir eine Lücke in der politischen Kommunikation der Unternehmen. Diese Lücke wurde bisher nicht ausreichend geschlossen. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, auf die damit verbundenen Risiken hinzuweisen und gleichzeitig Hoffnung zu machen, dass solche Situationen mit gutem Handwerkszeug und guter Vorbereitung lösbar sind.

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