Kommunikationstrend: Mediennutzung während der Corona-Pandemie
Seit 2012 veröffentlicht der „Digital News Report“ des Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford nützliche und aktuelle Daten zur Mediennutzung. Untersucht werden der Übergang zur Digitaltechnik in der Medienlandschaft und die Mediennutzung der Bevölkerung in inzwischen 40 Länder auf sechs Kontinenten.In diesem Jahr erschien der Bericht inmitten einer globalen Gesundheitspandemie. Die Daten werden jedes Jahr Ende Januar/Anfang Februar erhoben. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Pandemie viele Länder, die in diesem Report untersucht werden, noch nicht erfasst. Aus diesem Grund hat sich das Team beim Reuters Institute dazu entschieden, in sechs Ländern im April 2020 eine zweite Befragung durchzuführen um herauszufinden, welche Auswirkung die Pandemie auf die Mediennutzung der Menschen hat. Diese Länder, das Vereinigte Königreich, die USA, Deutschland, Spanien, Südkorea und Argentinien, zeigten dabei interessante, gemeinsame Tendenzen auf, die wir für Sie hier zusammenfassen:
Die Mainstreammedien wie die Öffentlich Rechtlichen in Deutschland konnten in der Coronakrise an Nutzern dazugewinnen. Sie stellten dabei nicht nur eine Hauptinformationsquelle in der Krise dar, sondern genossen auch mit 59 Prozent eine mehr als doppelt so hohe Glaubwürdigkeit als Social Media, das gerade mal auf 26 Prozent kam.
Vor allem spielte das Medium TV wieder eine stärkere Rolle. In Deutschland beispielsweise konnte der rapide Abwärtstrend mit einer Abnahme von insgesamt zwölf Prozent seit 2013 gestoppt werden. Die Nutzung stieg wieder um zwei Prozent an.
Nicht profitieren konnte der Printbereich: Er erreicht beispielsweise hierzulande seit 2013 rund 30 Prozent weniger Leser und büßte alleine zwischen Januar und April 2020 weitere sieben Prozent ein. Diese Entwicklung führt der Report auch auf die schwierigen Druck- und Verteilungsbedingungen von Zeitungen während des Lockdowns zurück.
Gleichzeitig stieg der Zugriff auf Onlinemedien in den meisten Ländern an. Die Menschen sind zwar vorsichtig bei Social Media und Messaging-Anwendungen bezüglich Fake News, aber die hohe Nutzung deutet laut dem Digital News Report darauf hin, dass viele Menschen von ihren eigenen Fähigkeit überzeugt sind, Fehlinformationen zu erkennen.
Im April stellte der Report fest, dass in allen sechs untersuchten Ländern 24 Prozent der Menschen WhatsApp verwendet hat, um Nachrichten über COVID-19 zu finden, zu diskutieren oder weiterzugeben. Dies stellt einen Anstieg um durchschnittlich sieben Prozent im Vergleich zur Januar-Umfrage dar, in der nach der Verwendung für Nachrichten gefragt wurde. Dabei nahm im April die Hälfte der Befragten auf WhatsApp und Facebook an Gruppen mit Kollegen, Freunden oder der Familie teil und jeder Zehnte griff auf geschlossene Videochats über Plattformen wie Zoom, Houseparty und Google Hangouts zu - viele zum ersten Mal. Damit nahmen Videokonferenzanbieter nicht nur im Geschäftsleben Einzug, sondern auch im privaten Bereich.
Doch was sagen diese Zahlen für die Zukunft der Mediennutzung? Laut dem Reuters Institute
haben sich Mediengewohnheiten während der COVID-19-Sperren verändert. Immer mehr Menschen wandten sich den live übertragenen Fernsehnachrichten und vertrauenswürdigen Online-Nachrichtenquellen zu, aber die Sperren haben auch die Nutzung neuer digitaler Tools beschleunigt, da viele Menschen Online-Gruppen beitraten oder zum ersten Mal an Videokonferenzen teilnahmen. Zusammen mit den Auswirkungen auf die Druckproduktion und -verteilung vermutet daher das Institute, dass der Übergang zur Digitaltechnik eher beschleunigt als verlangsamt wurde.
Im Bezug auf die Glaubwürdigkeit spielten die Mainstreammedien in der Anfangsphase eine weitgehend unterstützende Rolle für die Menschen. Sie lieferten glaubwürdige Information rund um das Virus halfen somit beim Verständnis der Krise. Dadurch hatte diese Medien Hochkunjunktur und genießten großes Vertrauen. Doch dies sei laut Report bereits wieder ins Wanken geraten: Je mehr der richtige Umgang mit der sich nun andeutenden Wirtschaftskrise thematisiert wird, desto mehr bevorzugen die Menschen wieder ihre gewohnten Medien wie Social Media sowie Informationen, die mehr ihre Meinung widerspiegeln. Die Glaubwürdigkeit der traditionellen Medien sinkt dadurch in vielen Ländern wieder.
Doch der Report untersuchte nicht nur die Mediennutzung während des Corona-Lockdowns. Seine Untersuchungen darüber hinaus zeigen auch: Es bleibt spannend. Die Transformation hin zum Digitalen ist nicht zu übersehen, weder vor Corona noch währenddessen. Gefragt sind neue Konzepte. Der Report stellt hier auch Zahlen für einige Trends vor, wie Podcasts, Newsletter und Co. Wir finden: Sehr lesenswert und oft überraschend, vor allem der internationale Vergleich.
Den Report finden Sie hier: https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/sites/default/files/2020-06/DNR_2020_FINAL.pdf