Drei Fragen an Dr. Christian Jung, MdB

Dr. Christian Jung ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter der Freien Demokraten (FDP) im Deutschen Bundestag und dort Mitglied im Verkehrsausschuss und im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

1. Herr Jung, die gängige Meinung ist, Deutschland werde bei den Themen "Digitalisierung" und "Künstliche Intelligenz" abgehängt. Wir haben jedoch ebenfalls international renommierte Institutionen wie das Karlsruher Institut für Technologie oder das Cyber Valley Stuttgart-Tübingen. Denken Sie, dass Deutschland damit konkurrenzfähig ist gegenüber den USA und China?

Die Grundlagenforschung kann sich in Deutschland im Bereich der Künstlichen Intelligenz durchaus sehen lassen – auch im internationalen Vergleich. Die entscheidende Frage wird allerdings sein, wo in Zukunft die Produktionsstandorte und Headquarters von KI-Unternehmen sein werden. Denn dort wird auch die Forschung konzentriert werden. Bei der Infrastruktur für die Digitalisierung und KI sind wir äußerst schlecht aufgestellt, da die flächendeckende Übertragung von großen Datenmengen nicht überall gewährleistet ist. Ich besuche sehr oft die verschiedenen Standorte und Institute des KIT Karlsruhe, die sich auch im Campus Nord in meinem Wahlkreis Karlsruhe-Land in Eggenstein-Leopoldshafen befinden. Ich staune dabei jedes Mal, auf welchem hohen Niveau dort gearbeitet wird. Die Erfolge sind vielversprechend. Doch müssen wir in Deutschland immer wieder aufpassen, dass nicht durch zu viele Regularien oder verpasste Förderchancen das Niveau absinkt. 

2. Am 18. Oktober 2019 wird im Bundestag darüber beraten, ob es ein eigenes Bundesministerium für Digitalisierung  geben  soll. Um was müsste sich Ihrer Meinung nach ein solches Ministerium als erstes kümmern? 

Da die Digitalisierung ein ganzheitliches Thema für unsere Gesellschaft und Wirtschaft ist – und sich nicht mehr so einfach in Teilbereiche gliedern lässt –, fordert die FDP-Bundestagsfraktion ein kompetentes Bundesministerium für Digitalisierung. Leider müssen wir auch in Berlin immer wieder darauf hinweisen, dass die digitale Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft in vollem Gange ist und global gesehen niemand auf uns warten wird. In rasantem Tempo verändert infolgedessen schon jetzt die Digitalisierung den Alltag der Menschen. Sie verändert, wie, wo und wann im Alltag miteinander kommuniziert, eingekauft, gearbeitet und produziert wird. Das macht die Digitalisierung zur systematisch größten Veränderung des täglichen Lebens seit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft vor etwa 170 Jahren. Die wichtigste Herausforderung sehe ich wie schon angedeutet immer noch im Ausbau der Glasfaserstruktur, damit Deutschland in urbanen und ländlicheren Gebieten komplett internetfähig ist. Der Flickenteppich aus Funklöchern ist angesichts unserer sonstigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einfach nur noch peinlich. Außerdem wird es in Europa in den kommenden Jahren im Zusammenspiel zwischen Politik und Unternehmen noch mehr um eine Standardisierung von Informationsschnittstellen und um industrienahe Förderprogramme gehen.

3. Was sind Ihrer Meinung nach die nächsten Schritte im Bereich Digitalisierung in Deutschland?

Die Digitalisierung der staatlichen Institutionen kommt leider nur sehr zögerlich voran, doch ich denke, mit einer zeitgemäßen Umstellung können auch Behörden effizienter arbeiten, und das kommt jedem Bürger zugute. Zeitgleich müssen Schulen umgerüstet werden. Damit meine ich nicht, dass jeder Schüler ein Tablet in die Hand bekommt, und das nennen wir dann Digitalisierung. Viel wichtiger ist es, dass wir den Schülerinnen und Schülern mit Fachpersonal digitale Kompetenzen vermitteln können. Damit legen wir den Grundstein für unsere wirtschaftliche Zukunft in Deutschland. Zusammen mit Prof. Dr. Jivka Ovtcharova, der Leiterin des Instituts für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI) am KIT Karlsruhe und Direktorin im Forschungszentrum für Informatik Karlsruhe (FZI), sowie mit Michael Gräthler vom Center for Artificial Intelligence Talents (KIT Karlsruhe) überlege ich deshalb gerade, wie wir über eine Stiftung die angewandte KI-Forschung noch sichtbarer machen und dabei ebenso Impulse für Bildung, Schule und berufliche Weiterbildung/Qualifizierung geben können. Im Januar 2020 werden wir mit dieser Arbeit beginnen.

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