Google Gemini – Das neue heiße Ding?

Schneller, intelligenter, menschlicher - wie immer, wenn es um neue KI-Anwendungen geht, geht es um Superlative. Vor allem, wenn die neuen Funktionen von einem der Tech-Giganten kommen, wie diese Woche von Google. „Gemini“ heißt das neue Wunderding. Es soll gleichzeitig Text, Video und Bilder verarbeiten können. Wir haben die Gemini-BARD-App getestet.

Pünktlich zum Nikolaustag hat sich Google selbst beschenkt: Gemini (Zwilling). Laut Eigenbeschreibung ein wichtiger Schritt für die KI und angeblich besser als Chat-GPT4. Gemini gibt es in drei Versionen: Nano, Ultra und Pro.

Die Nano-Variante ist für Google-Smartphones, die Ultra-Variante ist noch nicht öffentlich zugänglich, aber die Pro-Variante kann bereits getestet werden, mit dem Google-Chatbot BARD, der durch Gemini einen Boost bekommen haben soll.

Erste kleine Enttäuschung beim Ausprobieren - der Zugang zu BARD ist nicht so einfach, wie er sein könnte. Ein einfacher Google-Account reicht nicht, man braucht einen Google-Admin-Account oder einen Google-Workspace. Das einzurichten hatte ich keine Lust, zumal Google da auch noch eine Menge Daten von mir wissen will - aber mit ein bisschen Herumprobieren war es möglich, sich auch mit einem einfachen Google-Konto bei BARD anzumelden.

Also auf zum Test: Zuerst - so dachte ich - ein paar einfache Fragen zu aktuellen Ereignissen. Zum Beispiel: „Was geschah am 7. Oktober 23“, oder: „Was ist die Nakba?“ Aber schon hier verweigerte BARD die Auskunft. Für Informationen zu diesen politischen Themen solle ich mich an Google Search wenden, „schrieb“ mir die KI, schickte mir aber hinterher, dass Putin am 7. Ok. Geburtstag habe.

Ergebnis: höchst unbefriedigend.

Ich wollte es BARD leichter machen und fragte ihn (sie?) nach der Firmengeschichte von KUKA, dem führenden deutschen Robotikunternehmen aus Augsburg. Aber egal, wie offen oder genau ich fragte, der Verkauf von KUKA an die Chinesen wurde mir von BARD nie vorgeschlagen. Die Unternehmensgeschichte endete immer etwa im Jahr 2015. Erst als ich in einem neuen Prompt ganz konkret nachfragte, ob denn die Chinesen KUKA gekauft hätten und wann, kam die Antwort: „Ja, die Chinesen haben KUKA gekauft. 2016“!!!

Fazit: Ich will nicht zu viel hineininterpretieren, aber die selektive Auswahl zu drei willkürlich gewählten politischen Themen (7. Oktober, Nakba und KUKA/Chinesen) ist nicht nur höchst unbefriedigend, sondern macht sehr nachdenklich.

Ich will BARD und Google zugute halten, dass das Update erst wenige Tage alt ist und die Ultra-Variante noch nicht zur Verfügung steht. Aber bisher ist es alles andere als „besser als Chat-GPT-4“.

Letzter Versuch: Fotos. Ich wählte ein zufälliges Foto aus meiner Sammlung, lud es hoch und fragte: "Was ist auf dem Foto zu sehen? Die Antwort war: „Fotos mit Menschen kann ich nicht bearbeiten“. Okay. Also neues Bild. Ein einfaches, KI-generiertes Bild einer Straße, die an drei Pappeln vorbei in Richtung Sonnenuntergang führt. Allerdings ist das Bild leicht rötlich eingefärbt.

Ergebnis: BARD erkennt die Straße und die Bäume (den Sonnenuntergang nicht), warnt mich aber wegen der rötlichen Farbe, dass wahrscheinlich eine Baustelle in der Nähe ist oder Gefahr droht.

Gesamtergebnis: Ernüchternd.
BARD in seiner jetzigen Form kann von Chat-GPT nicht einmal träumen und ist kein Vergleich zum Bing-Chat auf Edge, der mir jede meiner Fragen sachlich, klar und faktisch richtig beantwortet hat. P.S. Nicht zu vergessen, dass Putin am 7. Oktober Geburtstag hat.

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