mfm - Interview: Drei +1 Fragen an den Autor Manfred Mai

Manfred Mai schreibt nicht nur spannende Geschichten, sondern hat auch selbst eine spannende Geschichte. Er wuchs auf einem Bauernhof in Winterlingen auf der Schwäbischen Alb auf und machte nach der Schule eine Malerlehre. Danach arbeitete er in einer Werkzeugfabrik und wurde schließlich mit 19 als Wehrpflichtiger zur Bundeswehr einberufen. Durch einen neuen Freund entdeckte er in dieser Zeit die Welt der Bücher – und begann sich fortan besonders für Geschichte, Psychologie, Theater und Literatur zu interessieren.

Über den zweiten Bildungsweg holte er sein Abitur nach, studierte und wurde schließlich Lehrer an einer Realschule. Sein Hauptanliegen als Lehrer war, seine Schüler zum eigenständigen Lesen zu animieren. Denn, so Mai, „die größte Leistung der Literatur ist es, den Menschen dazu zu bringen, sich selbst und seine Umwelt immer wieder neu zu sehen“.

Manfred Mai

Mittlerweile ist er mehrfach preisgekrönter und meistverkaufter Kinder- und Jugendbuchautor mit ca. 150 Büchern und neun Millionen verkauften Büchen. Außerdem schreibt er auch Romane und Sachbücher für Erwachsene und hält musikalische Lesungen mit Martin Lenz ab. 


1. Manfred, nach dem Mauerfall sind rund 160 000 „Schwaben“ nach Berlin gezogen und sind dort eine der größten Bevölkerungsgruppen. Allerdings weiß niemand so ganz genau, wieviele „Schwaben“ es wirklich in Berlin gibt, manche munkeln sogar von bis zu einer Million. Wie auch immer, Du schreibst gerade ein Buch mit dem Titel „Was für ein Glück - mir send Schwoba“, was muss der Schwabe in Berlin über sich selbst wissen, um in der Berliner Großstadt mit schwäbischem Selbstbewusstsein bestehen zu können?

Das fragst Du einen, der nur als Besucher ab und zu für ein paar Tage in Berlin ist. Nun denn, ich will’s mal versuchen: (lacht)

Zuerst einmal sollte er nicht vergessen, wo er herkommt und dass er Schwabe ist. Wie lautet der bekannte Slogan über uns: „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Wer schon alles kann, der braucht sich von Berlinern ohne und mit Migrationshintergründen nicht belehren zu lassen. Das heißt jedoch nicht, dass er in der Hauptstadt nichts lernen soll. Natürlich soll er, und er tut es auch. Ein richtiger Schwabe geht mit offenen Augen und Ohren durch Berlin, eben weil er noch dazu lernen will, obwohl er schon alles kann. Das scheint ein Widerspruch in sich zu sein, ist es aber nicht; das ist schwäbische Dialektik. Und genau dadurch unterscheiden sich die Angehörigen des Stammes der Tüftler und Denker von allen anderen Stämmen: Wer schon alles kann und noch dazu lernt, wer sollte dem das Wasser reichen können? 

2. Was macht Dein Buch auch für den Nicht-Schwaben interessant zu lesen?

Der Titelsong beginnt mit der Strophe:

In Deutschland leben viele Menschen,
die können nicht alle Schwaben sein.
Doch selbst wenn sie es gern wären,
für alle ist das Schwabenland zu klein.

Wem es nicht vergönnt ist, als Schwabe das Licht der Welt erblickt zu haben und im Schwabenland zu leben, bekommt mit meinen Geschichten – und den dazugehörigen elf Songs –  einen guten Einblick in die Besonderheiten des Landes und der Menschen im Südwesten Deutschlands. Und zwar nicht nur über die heutigen, sondern auch über solche, die früher gelebt und gewirkt haben. Dabei werden Nicht-Schwaben feststellen, dass manche ihrer Urteile über die Schwaben genau betrachtet Vorurteile sind. Nur wer die gern behalten möchte, sollte die Finger von dem Buch lassen. (lacht)

3. Du bist einer der erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren Deutschlands mit etwa zehn Millionen verkauften Exemplaren weltweit. Woher nimmst Du Deine Ideen?

Für meine erzählenden Bücher meistens aus meinem Umfeld. Was ich erlebe, wovon ich höre und lese, wird oft zu Geschichten.
Anders ist es bei meinen Sachbüchern. Da schreibe ich über Themen, die ich für wichtig halte und von denen ich meine, auch Kinder und Jugendliche sollten darüber Bescheid wissen. So sind zum Beispiel die „Deutsche Geschichte“, die „Weltgeschichte“ oder das Buch über „Die fünf großen Weltreligionen“ entstanden.

4. Wenn Du für Erwachsene schreibst, schreibst Du sehr oft, ich nenne es mal, „Heimatgeschichten“. Was ist für Dich Heimat?

Für mich ist Heimat das Schwabenland, mit meinem Heimatort Winterlingen als Zentrum. Immer wenn ich weg war, hat es mich hierher zurückgezogen. Hier genieße ich die schöne Landschaft und die gute Luft, hier kenne ich die Leute und die kennen mich. Wir wissen, wie wir am besten miteinander umgehen, damit es möglichst wenig Ärger gibt.

5. Du wirst in diesem Jahr 70 – wird es da aufgrund des Altersunterschieds zunehmend schwieriger für Kinder und Jugendliche zu schreiben?

Die Grundbedürfnisse und Gefühle, die Träume und Wünsche von Kindern und Jugendlichen sind heute nicht grundsätzlich andere als in meiner Kindheit. Deswegen finde ich es auch nicht schwierig, als Opa für sie zu schreiben – zumal ich als Opa wieder ganz neue Erfahrungen mache, die zu Geschichten werden. Natürlich muss ich als Autor bedenken, dass sich die Lesegewohnheiten in den letzten zwanzig Jahren verändert haben. Viele Kinder und Jugendliche tun sich mit dem Lesen längerer und anspruchsvoller Texte schwer. Wenn ich sie mit meinen Büchern erreichen will, muss ich anders schreiben als vor zwanzig, dreißig Jahren.

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