Kommentar: Argumente statt Emotionen - der einzige Weg zur Energiewende

Von Georgios Axiaris

Russlands Angriff auf die Ukraine  hat nicht nur weltweit Schockwellen ausgelöst, sondern war  auch ein Weckruf für die EU und deren Energieversorgung. Angesichts des Krieges begannen überall fieberhafte Anstrengungen, um die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl schnell zu beenden. Die Erneuerbaren Energien wurden dabei als Allheilmittel angesehen, sie sind ja sozusagen schon auf dem Markt, liefern bereits Strom, und sind nachhaltig und klimaneutral. Man muss sie nur schneller ausbauen, so der GedankeWer aber lediglich auf die Erneuerbaren für die gesamte Energieversorgung setzt, wird schnell enttäuscht werden.  

Erneuerbare Energien (Solar- und Windenergie, Energie aus Biomasse und Wasserkraft) sind in Europa bereits gang und gäbe -und subventioniert. Solar- und Windenergie werden bevorzugt, weil die Sonne scheint und der Wind fast überall weht.  Trotzdem sind sie in ihrer aktuellen Form kein Allheilmittel. Die Natur setzt ihnen Grenzen. In nord- und mitteleuropäischen Ländern wie Schweden oder Deutschland ist es nahezu unmöglich, den Energiebedarf allein mithilfe von Solaranlagen oder Windkrafträdern zu decken. Diese Technologien sind vom Wetter und anderen externen Faktoren abhängig. Auch garantieren sie nicht die erwünschte Energieautarkie. Stand jetzt sind die Erneuerbaren aufgrund ihrer geringen Energiedichte nicht in der Lage, Erdgas, Öl und Kernkraft komplett zu ersetzen. Außerdem stellt sich die Frage, wie die aus regenerativen Quellen gewonnene Energie gespeichert werden kann.  Die Technologie, um Strom aus regenerativen Quellen in großen Mengen zu speichern und damit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, gibt es noch nicht. 

 

Bleibt noch die Energie aus Biomasse. Sie wird von vielen Umwelt-und Klima-Aktivisten abgelehnt, weil sie angeblich ein ökologisches Desaster verursacht. Dass ganze Wälder verbrannt werden müssten, um Bioenergie aus Biomasse zu erzeugen, ist jedoch kompletter Unsinn. Dieser blinde Aktionismus ignoriert, dass auch bei Energie aus Biomasse bestimmte Standards eingehalten werden müssen, damit sie als klimaneutral eingestuft werden darf. Außerdem kann Bioenergie einen signifikanten Beitrag zur Energieversorgung leisten.  Als 1973 die OPEC-Länder den Ölhahn zudrehten, führte das zu rasant steigenden Energiepreisen und zu autofreien Sonntagen. Bioenergie aus Biomasse hat damals geholfen, aus der Krise zu kommen.

 

So wird es in Zukunft beispielsweise  Solaranlagen geben, die Fenster ersetzen oder die während der Nacht Energie erzeugen können.  Doch müssen für solche Entwicklungen günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der öffentliche Diskurs darüber, besonders in Sachen Klimaschutz, wird derzeit aber sehr stark durch Emotionen geprägt. In die öffentliche Debatte muss mehr Sachlichkeit einfließen.  Fakten müssen den Ausschlag geben, nicht willkürliche und emotionale Positionen, die noch dazu für unverhandelbar erklärt werden. Und zu einer rationalen Diskussion über die Energieversorgung gehört auch, die Schwächen der Erneuerbaren nicht einfach auszublenden. 

 

Vor diesem Hintergrund muss auf politischer Ebene sichergestellt werden, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen den Fokus auf ihre Forschung und nicht auf die Überwindung bürokratischer Hürden legen  müssen. Engere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor besonders durch öffentlich-private Partnerschaften könnte eine treibende Kraft für mehr Innovationen sein. Es ist auch wichtig zu verstehen, dass aktuelle oder künftige Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energie nichts bringen werden, wenn sie sich nur an  der Quantität orientert, das heißt, dass die bloße Ausweitung von Kapazitäten nicht der alleinige Erfolgsmaßstab sein kann. Denn egal ob eines oder eintausend Windkrafträde. Ist Windstille, stehen alle still…  Vielmehr muss gleichzeitig mehr Geld in die Optimierung dieser Technologien investiert werden.

 

Erneuerbare Energien leisten bereits einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu Klimaneutralität. Gleichzeitig aber muss anerkannt werden, dass sie auch  Grenzen haben und dass sie derzeit nicht ausreichen, allein die Energiekrise zu überwinden. Dafür ist es notwendig, im öffentlichen Diskurs den Fokus stärker auf die Fakten und auf die Wissenschaft als auf Emotionen zu lenken. 

 

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