Drei+1 Fragen an Nikolaus von Graeve, Vordenker der digitalen Kommunikation

Nikolaus von Graeve ist fest in der deutschen Tec-Szene verankert und gilt dort als Vordenker digitaler Kommunikation. Er ist außerdem Geschäftsführer der Frankfurter One-to-One Multichannel Marketing Agentur rabbit eMarketing und Leiter des gleichnamigen “Think Tank” des Deutschen Dialogmarketing Verbands.

1. Weit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist mittlerweile online – dabei werden unglaublich viele Daten gesammelt und gespeichert. Es gilt, „Daten sind das neue Gold“. Sehen Sie das auch so? 

Ich glaube, dass wir in eine Welt steuern, in der eine tragfähige Beziehung zwischen Anbieter und Kunde wesentlich ist. Und zu einer Beziehung gehört Ehrlichkeit, auch Ehrlichkeit, was Daten angeht.

Wir müssen natürlich Daten sammeln, die Daten, die wir sammeln dürfen und mit denen wir auch arbeiten dürfen. Wir müssen uns an dieser Stelle aber auch von dem Wert der Daten per se lösen und überlegen: Wofür brauchen wir diese Daten eigentlich? Das ist ein sehr strategischer Aspekt.  

2. Sie sind Geschäftsführer von rabbit eMarketing, einer  One-To-One Multichannel Agentur in Frankfurt am Main. One-To-One Multichannel klingt erstmal ziemlich kompliziert. Was genau steckt dahinter?

Nun, als Agentur kommen wir aus dem E-Mail-Marketing. Dabei haben wir recht bald festgestellt, dass man per E-Mail nicht nur Newsletter versenden kann, sondern auch individuelle Begrüßungskampagnen bis hin zu voll automatisierten, inhaltlich individuell ausgesteuerten Kampagnen, die je nach Interaktion des Empfängers weiter variieren. Unsere Kampagnen sind deswegen besonders, weil wir Inhalte sowohl zeitspezifisch wie auch personenspezifisch aussteuern können. Und genau das ist es, was man heutzutage One-To-One nennt. Multichannel deshalb, weil dieses Potential nicht nur in E-Mails steckt, sondern auch in anderen Kommunikationskanälen. Also warum sollte eine E-Mail-Kampagne hochindividualisiert sein, die Website aber einen Inhalt für alle anzeigen?

3. Spielt Künstliche Intelligenz beim One-to-One Multichannel Marketing eine Rolle, und wenn ja, welche?   

Ja, sie spielt eine Rolle; beziehungsweise sie wird eine sehr wichtige Rolle spielen. One-to-One Multichannel ist, wie ich ja bereits eingangs gesagt habe, individualisierte digitale Kommunikation mit einzelnen Kunden. Das heißt, wir versuchen natürlich auch, eine individuelle Customer Journey abzubilden, um zu entscheiden, welcher Kunde was wann bekommt.

Ich prognostiziere, dass man in fünf Jahren keine Werbekampagnen mehr manuell mit Content befüllen wird, sondern nur noch eine Maschine lernen lässt, die dann den Content vollautomatisiert aussteuert. Sonst sind diese hochkomplexen Abläufe auch gar nicht mehr zu handhaben. Bei einem Unternehmen mit 200 verschiedenen Produkten und  fünf Millionen Kunden weltweit kann eine Maschine viel besser entscheiden, welcher Kunde welche Information wann bekommen sollte. Die Konzeption der Stories, die viel Kreativität erfordert, sehe ich jedoch weiterhin bei den Menschen.

4. Welche Auswirkungen werden Ihrer Meinung nach technische Innovationen auf unsere zukünftige Kommunikationsweise haben?

Wir haben in den letzten sieben bis acht Jahren gesehen, welche maßgebliche Veränderung die Art und Weise der Kommunikation durch die Digitalisierung erfahren hat. Die zugrundeliegenden Bedürfnisse und Notwendigkeiten bleiben jedoch gleich. Ich glaube, wenn wir uns zurückziehen auf die Fragen, was ist denn das eigentliche Bedürfnis, das gestillt wird, dann werden wir ähnliche Themen finden. Das heißt, ich glaube, die faktische Art und Weise, wie wir kommunizieren, mag sich verändern. Was wir kommunizieren und warum wir kommunizieren wird aus meiner Sicht aber gleich bleiben.


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