Drei Fragen an: Hartfrid Wolff, KPMG Öffentlicher Sektor

Herr Wolff, von Ihnen ist aktuell  ein Artikel in "Capital" erschienen zum Thema "Was der Staat aus der Corona-Krise lernen muss“. Was hat Sie dazu bewegt?

Es ist jetzt die Zeit sich Gedanken darüber zu machen, was gut und was schlecht lief und was man aus den Corona-Maßnahmen für die Zukunft lernen kann. Hier sollte der Artikel einen ersten Anstoß geben. Die Einschnitte für die Menschen, für die Unternehmen und die Gesellschaft waren so immens, dass wir es uns nicht erlauben können, hier einfach zur Tagesordnung zurück zu kehren. Und vieles von dem, womit wir jetzt konfrontiert wurden, wurde schon wesentlich früher angedacht – und dann doch nicht berücksichtigt. Dementsprechend sollte es jetzt schnell eine Analyse der Maßnahmen sowie einen Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern über eine Aufarbeitung und dann auch über eine im Wiederholungsfall routinierte Abstimmung zwischen den Ebenen geben.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Baustellen, die die Regierung jetzt angehen muss im Bezug auf Krisen- und Risikomanagement?

Das Wichtigste ist tatsächlich, endlich die standardisierte Diskussion zu einem modernen Krisen- und Risikomanagement zu führen. Jedes Unternehmen ab einer bestimmten Größe muss es machen, jeder Privatmensch sollte dies machen - warum nicht der Staat? Was er anderen vorschreibt, daran sollte er sich selbst halten. Das sieht man auch aktuell bei der Diskussion um die Schulöffnungen: Will man vor allem einbeziehen, was Virologen oder Mediziner dazu sagen, oder will man noch andere Meinungen berücksichtigen? Von Kinderpsychologen oder Eltern?

Für solche Diskussionen muss man eine Plattform und eine Institution schaffen, mit der wissenschaftlich fundiert Ausarbeitungen und Lösungen schnell und unbürokratisch identifiziert werden können. Bund und Länder tun gut daran, dieses Diskussionsforum zu institutionalisieren und auszustatten: ein nationaler Krisenstab samt Beauftragten beispielsweise, eine internationale, KI-gestützte Zusammenführung und Auswertung der pandemischen Zahlen, die Digitalisierung der Prozesse und Informationen, die Planung von abgestimmten Standards und die Bevorratung lebenswichtiger Dinge.

Warum hören wir Ihrer Meinung nach bisher nichts von der Bundesregierung bezüglich einer Analyse ihres Krisen- und Risikomanagements während der Corona-Krise?

Aktuell sind die Ministerpräsidenten der Länder noch zu sehr damit beschäftigt, die Krisen zu verwalten. Ein aufarbeitendes Gremium, am besten ein institutionalisierter, nationaler Krisenstab - begleitet durch den Bundestag -  ist nötig, um die existierenden Überlegungen, zum Beispiel aus dem „Grünbuch öffentliche Sicherheit“ von 2008, wie auch die aktuellen Erfahrungen zu bündeln. Dringlich und wichtig ist es, dass man aus der aktuellen Krise endlich lernt und strukturiert an die Themen herangeht.

Hier der Link zum Artikel: Wolff/Pfaff „Was der Staat aus der Corona-Krise lernen muss“
Menu