Kommunikationstrend November 2020: Schweigen als Kommunikation

Was bedeutet für Sie Schweigen? Ist es die Weigerung, etwas zu kommunizieren? Ist es ein Zeichen von Ignoranz oder Schüchternheit? Ein Zeichen von Unwissenheit oder ein Schuldeingeständnis? Wie diese Beispiele zeigen, kann Schweigen vieles bedeuten. Doch eines ist Schweigen immer: ein Mittel der Kommunikation.
 
Schon der Philosoph Paul Watzlawick beschrieb das Phänomen in einem seiner berühmtesten Sätze: „Man kann nicht nicht kommunizieren“. Wer schweigt, kommuniziert automatisch durch das Schweigen. Richtig eingesetzt ist es ein mächtiges Strategie- und Stilmittel, das jeder von uns schon angewendet hat. Sei es die dramaturgische Pause bei Reden oder bevor man auf eine Frage antwortet. Sei es in einem Gespräch, in dem man sich kurz und prägnant fasst, unnötige Worte vermeidet und dann schweigt. Dies signalisiert oft Dominanz. Wer plappert, nicht zu Ende kommt, der sabotiert sich selbst und wirkt weder besonders kompetent noch wichtig.
 
In der Politik ist Schweigen oft überlebenswichtig. Schweigen ist, neben einem rhetorischen Stilmittel in dieser Branche auch verbunden mit Schweigepflichten und Sicherheitsfreigaben. Genauso kann es jedoch auch Karrieren beenden, vor allem in Krisenzeiten. Schweigt beispielsweise ein Politiker zu lange zu ihm vorgeworfenen Anschuldigungen, wirkt dies oft wie ein Schuldeingeständnis. Verschweigt er wichtige Details, wirkt dies unseriös. Karl-Theodor zu Guttenberg fiel im Falle seiner Dissertation die Salamitaktik, mit der er Informationen mit der Öffentlichkeit teilte, auf die Füße. Schlussendlich musste er gehen. Er hatte sich nicht nur um Kopf und Kragen geredet, er hatte auch nicht verstanden, wann man was nicht sagt. Er beherrschte das Schweigen als strategisches Mittel nicht. Vor allem, wann es nicht angebracht ist.
 
Ein Politiker, der das Stilmittel des Schweigens oft praktiziert, ist Donald Trump. Gerade er, der durch seine Omnipräsenz in den Medien auffällt, jeden Tag eine schier unendliche Zahl an Tweets abgibt, nutzt das Schweigen oft. Der Trick: Er kommuniziert über nicht offiziell bindende Kanäle wie Twitter permanent, jedoch über offiziell bindende Kanäle oft lange nicht. Beispiel:
Ende Mai 2018 wies Donald Trump US-Handelsministerium an Strafzölle gegen Autos aus der EU zu prüfen. Das Thema kam immer wieder auf, sobald es strategisch einen Vorteil für Trump brachte. Und die EU schwitzte. Der US-Präsident schwieg, sobald ihre Vertreter eine klare Positionierung zu den Zöllen wollten. Sie hingen wie ein Damoklesschwert über ihnen. Ein raffinierter Schachzug, dank Schweigen.
 
Im November war dieses Phänomen wieder zu sehen, jedoch gewann Donald Trump dieses Mal nicht durch sein Schweigen, er verlor: Anerkennung, Respekt, Würde.
Nach der Präsidentschaftswahl Anfang November gestand er sich seine Niederlage gegen seinen demokratischen Herausforderer Biden nicht ein. Er twitterte, schwieg aber fast eine Woche lang auf allen anderen Kanälen. Seine Anwälte fochten die Wahl an, erfolglos. Seinem Nachfolger hat er bis heute nicht zum Wahlsieg gratuliert. Ein Affront, ist doch diese Tradition fest in den Staaten verankert.
 
Der Präsident wirkt wie ein bockiges Kind, das seine Niederlage nicht eingestehen will. Als er wieder kommunizierte, unterstrich  er damit das während des Schweigens gewonnene Bild: Er regiert durch, als wäre nichts gewesen, gab erst Ende November den Befehl, die Amtsübergabe vorzubereiten. Klammert sich an sein Amt , gegen jede Vernunft. Es ist ein unwürdiges Bild eines Präsidenten, das ihm lange anhaften wird.
 
Schweigen beendet Karrieren, es beeinflusst das öffentliche Bild, das Ansehen. Eine wichtige Lektion. Für jeden. Darum gilt: Schweigen ist Kommunikation und sollte genauso gut überlegt werden wie jedes geschriebene oder gesprochene Wort. Immer.
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