Demokratie und Kommunen: Drei Fragen an Ilseken Roscher von ifok

F: Liebe Frau Roscher, Demokratie fördern in der Kommune klingt ein bisschen wie Eulen nach Athen zu tragen, denn die Kommunen sind ja die kleinste Einheit unserer föderalen Demokratie. Dort kann man doch Demokratie jeden Tag unmittelbar erleben. Warum muss man ausgerechnet da Demokratie fördern?

A: Grundsätzlich haben Sie damit natürlich Recht. Derzeit erleben wir aber eine Gesellschaft, die sich in einer immer weiter radikalisierten politischen Landschaft im Wandel befindet. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf das Zusammenleben und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt – in der Kommune, am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Ausbildungsbetrieb, im Sportverein und bei der Feuerwehr.

Wir erkennen darin gleich mehrere Handlungsfelder für uns: Mit unserem Angebot unterstützen wir zum einen kommunale Entscheidungsträger:innen und Verwaltungsmitarbeitende dabei, neue Konzepte für den Umgang mit diesen Herausforderungen zu entwickeln und konkrete Lösungen für den Alltag zu erarbeiten.

Zum anderen erreichen wir, dass Menschen in ihrem jeweiligen Alltag positive Erfahrungen mit der Demokratie erleben.

Dafür ist es entscheidend, passende und gerne auch neue Akteure zu gewinnen und zu motivieren. Außerdem gilt es, geeignete Themen zu setzen und wirksame Formate zu etablieren, die die Menschen näher an ihre Kommune heranbringen und Demokratie konkret erfahr- und erlebbar machen, ohne belehrend zu wirken.

F: Wie funktioniert das, wie wollen Sie die Bürger in den Kommunen überhaupt erreichen, ohne dass diese sagen „Ach, jetzt kommt schon wieder jemand der uns erklären will, wie Demokratie funktioniert, die sollen uns mal in Ruhe lassen mit den ewigen Belehrungen“?

A: Indem wir genau das nicht tun – über Demokratie belehren. Und sie stattdessen ganz selbstverständlich leben. Wir setzen auf den Trilog zwischen Kommunalpolitik, Verwaltung und Bürger:innen und eine spürbare Befassung mit Themen aus der Lebenswirklichkeit der Menschen.

Um die Bürger:innen in den Kommunen effektiv zu erreichen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, ernst genommen zu werden, ist es essenziell, auf Augenhöhe zu kommunizieren und ihnen wirklich zuzuhören. Ein zentraler Schritt besteht darin, ihre Anliegen und Bedürfnisse gründlich zu verstehen und darauf einzugehen. Statt belehrend zu wirken, wollen wir respektvolle Dialoge initiieren, die echtes Interesse und Wertschätzung zeigen.

Wir tun dies mit vielfältigen Formaten, die offene und partizipative Kommunikation ermöglichen. Entscheidend ist, dass die Bürger:innen erleben, dass ihre Meinungen und Anregungen nicht nur gehört, sondern auch in den politischen Entscheidungsprozess einbezogen werden. Nur so können wir das Vertrauen in die Demokratie stärken und eine aktive Bürger:innenbeteiligung fördern.

Das ist aber nur die eine Seite: Wir sprechen auch deshalb mit Kommunen, um neue Akteur:innen zu identifizieren. Etwa in der Wirtschaft. Unternehmer:innen, die sich für die Förderung und Stärkung der Demokratie im Betrieb und darüber hinaus einsetzen wollen, um nicht zuletzt auch die Zukunft ihrer Unternehmen am Wirtschaftsstandort zu sichern.

F: Aufgrund welcher Erfahrungen haben Sie dieses Projekt in Angriff genommen?

A: Wir erleben derzeit einen massiven Umbruch in der Gesellschaft. Die Menschen sind zunehmend unzufrieden mit der Politik als Ganzes und setzen das allzu oft gleich mit der Demokratie. Das bereitet den Nährboden für radikale und populistische Narrative, die vermehrt auch hier verfangen, und die Demokratie weiter unter Druck setzen.

Vor allem die Correctiv-Recherche Anfang des Jahres hat bereits viel in Gang gesetzt: Erste Positionierungen von Unternehmen, Vereinen und Verbänden, das Bilden neuer Initiativen gegen Rechts und viele Demonstrationen, an denen sich Millionen von Menschen beteiligt haben. All das ist wichtig, um Zeichen zu setzen. Langfristig bringt es allerdings zu wenig, nur gegen etwas zu sein. Wir ermutigen dazu, Flagge für etwas zu zeigen und ins Handeln zu kommen – und das mit einem konkreten Plan.

Genau dort setzen wir an: Als ifok gestalten wir seit über 25 Jahren Wandel im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass ein reiner Top-Down-Ansatz oft auf Ablehnung stößt. Stattdessen ist echte Partizipation und Mitsprache notwendig, um Veränderungen nachhaltig und erfolgreich zu gestalten.

Aus zahlreichen Projekten und Beteiligungsprozessen wissen wir, dass die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern zu neuen Perspektiven, mehr Akzeptanz und besseren Ergebnissen führt. Diese Erkenntnisse haben uns dazu motiviert, dieses Projekt zu starten und innovative Beteiligungsformate zu entwickeln, die auf Dialog und Zusammenarbeit basieren.

F: Und was muss man tun, wenn man als Kommune an Ihrem Projekt interessiert ist?

A: Im ersten Schritt: Einfach mit mir sprechen. Ob erster unverbindlicher Austausch oder schon die Besprechung konkreter Projektideen: Was für die Förderung der Demokratie gilt, ist auch hier richtig – im Gespräch fängt alles an.

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